Die wundervollen Lebenswerke von Pauline Viardot

Pauline Viardot-García (* 18. Juli 1821 in Paris; † 18. Mai 1910 in Paris) war Sängerin, Komponistin, Pianistin, Gesangslehrerin, einflussreiche Veranstalterin und Herausgeberin von bedeutenden Werken der Klassik. Eine schier grenzenlose Musikalität und ihr großer Fleiß, ihr Sprachtalent sowie Humor und Leichtigkeit prägten das künstlerische Schaffen der einflussreichen Musikerin. Pauline Viardot gilt bis heute als Vorreiterin des europäischen Gedankens, sie verknüpfte wie kaum eine andere Künstlerin des 19. Jahrhunderts verschiedene Kulturen, die besonders ausdrucksstarke musikalische Sprache der Klassik sowie anderer Kunstbereiche miteinander.

Pauline Viardot: ein Leben für die Kunst

Pauline Viardot zählt zweifellos zu den bedeutendsten Musikerinnen ihrer Zeit, wenn auch ihr Name heute hin und wieder nicht gleich so geläufig erscheint.
Im Sommer des Jahres 1821 in Paris geboren, erhielt die Tochter des spanischen Tenors und Lehrers für Gesang Manuel del Pópulo Vicente García (1775 bis 1832) gemeinsam mit ihrer Schwester Maria Malibran (1808 bis 1836) bereits in ihren jungen Jahren eine umfassende musikalische Ausbildung, beispielsweise Unterricht am Klavier bei Franz Liszt und Kompositionsunterricht bei Anton Reicha. Die hervorragende Ausbildung verschaffte Pauline Viardot eine fundierte Basis für ihr späteres, sehr vielfältiges Lebenswerk.
Nach dem frühen Ableben ihrer als Operndiseuse und „La Malibran“ berühmten Schwester Maria Malibran beendete sie als Reaktion auf familiären Druck ihre bis dahin vielversprechende Karriere am Klavier, um in die Fußstapfen der Schwester zu treten. In der Folge sorgten ihr einzigartiger Mezzosopran und ihre besonders einnehmende Kunst der Darstellung für Furore im künstlerisch interessierten Publikum: Zwischen 1839 und 1863 feierte Pauline Viardot-García überwältigende Erfolge an den renommierten Opernhäusern Europas. 

Besonders prägend war die Bekanntschaft Pauline Viardots mit dem russischen Schriftsteller Iwan Turgenjew, den sie im Jahr 1843 zum ersten Mal traf. Viardot war gerade 22 Jahre alt und gastierte zum ersten Mal im russischen Sankt Petersburg. Längst zählte sie in ganz Westeuropa zu den gefeierten Sängerinnen, zudem war Viardot zu dieser Zeit bereits seit drei Jahren mit dem wesentlich älteren Schriftsteller, Kunstkritiker, Übersetzer und Direktor des Pariser Théâtre-Italien Louis Viardot verheiratet, der sich einen Namen als Förderer der spanischen und russischen Literatur in Frankreich gemacht hatte. Das Ehepaar hatte vier Kinder. Der Schriftsteller Turgenjew ist 25 Jahre alt und steht noch am Anfang seiner Karriere. Er entwickelt eine große Bewunderung - seine Liebe zu Pauline Viardot fasste er einmal in dem Zitat zusammen: „Seit jenem Augenblick, seit jener schicksalhaften Minute, gehörte ich nur noch ihr.“ Turgenjew folgte dem Ehepaar Viardot nach Paris und nachfolgend auch nach Baden-Baden. Dort lebten sie einige Jahre in einer Dreiecksbeziehung zusammen. Pauline Viardot fungierte als erste Leserin der Manuskripte des Schriftstellers, er wiederum förderte ihre Arbeit als Komponistin und übersetzte in Zusammenarbeit mit Ehemann Louis bedeutende Werke russischer Literaten. Nebenher entzündete sich an der vergleichsweisen unkonventionellen Beziehung der Eheleute Viardot als Ménage à trois mit Turgenjew recht viel Klatsch und Tratsch.

Nach dem Ende ihrer aktiven Bühnenlaufbahn führe Viardot in Baden-Baden einen Salon, zu dessen Gästen namhafte Vertreter der zeitgenössischen Kunst- und Kulturszene zählten.

Eine ihrer bekannten Balladen war die Mazurka:

Die Baden-Badener Jahre

Pauline Viardot hatte nun eine repräsentative Villa am Baden-Badener Fremersberg am Westrand des nördlichen Schwarzwalds bezogen. Hier trat sie in regelmäßigen Abständen mit Matineen und Soireen vor einem erlesenen Publikum auf. Dazu gehörte gehörten namhafte Vertreter des Hochadels sowie der Kulturszene wie Theodor Storm, Richard Wagner und auch immer wieder das badische Großherzogspaar.
Das nahe gelegene Hoftheater Karlsruhe zählte seit den 1850-er Jahren zu den führenden Bühnen Deutschlands – so lag es nahe, die berühmte Solistin Pauline Viardot für ausgewählte Gastengagements zu gewinnen: Viardot war daraufhin in den Jahren 1864 und 1865 unter der musikalischen Leitung von Josef Strauß und von Hermann Levi in einigen ihrer früheren Paraderollen zu erleben. Dazu zählten ein Engagement als „Orpheus“ in der gleichnamigen Oper von Christoph Willibald Gluck und als Norma in Vincenzo Bellinis gleichnamiger Oper. Triumphe feierte Pauline Viardot mit ihrer tragischen Darstellung der Mutterfigur „Fides“ in der Oper „Der Prophet“ von Giacomo Meyerbeer, als "Rosina" in Rossinis "Barbier von Sevilla" oder auch als „Desdemona“ in „Othello“ von Gioacchino Rossini.
Sowohl das Publikum als auch die Presse honorierten Viardots emotionsgeladenen Darstellungen vor stets voll besetztem Haus mit überschwänglicher Begeisterung, obwohl sich Stimmen mehrten, die Einbußen in der außerordentlichen Brillanz von Viardots Stimme registrierten. Damit näherten sich die Jahre als Komponistin und Gesangspädagogin.

Vermutlich wohl auch infolge der Beziehung zu Turgenjew mied Pauline Viardot nun das Rampenlicht. Sie konzentrierte sich vielmehr auf die Schaffung ihres kompositorischen Œuvres, darunter vieler Klavierstücke, Lieder und Liedbearbeitungen sowie verschiedener kammermusikalischer Werke, zu denen beispielsweise das Klaviersolo „Deux Airs de Ballet – Malicieuse“ u. v. a. gehören.
Zugleich konzentrierte sich Pauline Viardot auf ihre Tätigkeit als Gesangslehrerin. Aus der Gruppe ihrer Schülerin vermittelte die einflussreiche Diseuse unter anderen Aglaja Orgeni und Magdalene Murjahn sowie Désirée Artôt an das renommierte Karlsruher Hoftheater. Als Viardots Tochter Claudie eine Karriere als Malerin plante, bezog Pauline Viardot gemeinsam mit ihren Kindern eine Stadtwohnung in Karlsruhe. Auch dort empfing sie bedeutende Musikschriftsteller, Maler und Kunsthistoriker der Zeit. 

Im Jahr 1870 sollten Viardot-Garcías Karlsruher Jahre ein vermeidlich unrühmliches Ende finden: Eine Aufführung ihrer Operette „Le Dernier Sorcier“ („Der Letzte Zauberer“) zu Ehren des Großherzogs wurde von der Presse geradezu böswillig zerrissen – wohl auch beeinflusst vom Deutsch-französischen Krieg 1870/71. Daraufhin verließ die Viardot Deutschland. Sie kehrte bis zu ihrem Tod nie wieder hierher zurück.

Zurück in Paris

Pauline Viardot-García setze in Paris ihr erfolgreiches Mäzenatentum fort. Unter der seinerzeit berühmten Adresse 50 rue de Douai im Pariser Arrondissement de l'Opéra wurde ihr musikalischer Salon zum Anlaufpunkt zeitgenössischer Berühmtheiten wie Hector Berlioz, Gabriel Fauré, Charles Gounod oder Camille Saint-Saëns. Sie verhalf beispielsweise auch dem Opernkomponisten Jules Massenet zu seinem Durchbruch – in der Uraufführung seines Oratoriums „Marie-Magdeleine“ sang die Viardot die Titelpartie. Als ihre treuen Begleiter Louis Viardot und Iwan Turgenjew im Jahr 1883 kurz hintereinander verstorben waren, bezog Pauline Viardot eine kleine Dachwohnung am Champs-Élysées. Sie unterrichtete und komponierte weiter bis zu ihrem Tod im Mai des Jahres 1910.

Zum Nachlass der Viardot zählen nicht nur die Reminiszenzen an zahlreiche vielgerühmte Auftritte als Sängerin, Pianistin und Mäzenin. Auch ihr Engagement als besonders kompetente Lehrerin für Gesang und ihre zahlreichen musikalischen Werke werden gerade in jüngster Zeit erneut entdeckt und gewürdigt.

Zum Jubiläum haben wir lektorierte Neuausgaben herausgeben, zu einigen ihrer interessantesten Werke:


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